„Raum für eigene Ideen und ein eigenes Lebenskonzept“

Seit 2012 ist in unserer Solarsiedlung in der Lüderitzstraße 41 eine Wohngemeinschaft junger Menschen mit Behinderungen zuhause. Wir treffen den Teamleiter Markus Hunz von der Evangelischen Stiftung Hephata Wohnen und sprechen mit ihm über integratives Wohnen, die Besonderheiten der Wohngruppe und seine Aufgaben als Betreuer.

Herr Hunz, wie viele junge Menschen leben hier?

In der Wohngemeinschaft leben neun junge Menschen im Alter von 26 bis 34 Jahren mit unterschiedlichen Formen der geistigen Behinderung und unterschiedlich hohem Hilfebedarf. Wir sind acht Betreuer in Teilzeit, die hier im Wechsel vor Ort sind, von nachmittags 15.30 Uhr bis 9 Uhr am nächsten Morgen.

Was ist das Besondere an der Wohngruppe?

Wir verfolgen ein elternunabhängiges Lebenskonzept. Das heißt, wir bieten den jungen Menschen den sozialen Rahmen und die individuelle Unterstützung, um sich von den Eltern lösen und eigene Lebensvorstellungen entwickeln zu können. Dazu gehört, dass jeder in seiner eigenen Wohnung lebt und wir bereits am Anfang im sogenannten Trialog – also dem gleichberechtigten Gespräch zwischen Eltern, Bewohnern und uns – Dinge gemeinsam festgelegt haben. Zum Beispiel, dass die Eltern mit dem Einkauf und der Wäsche ihrer „Kinder“ nichts mehr zu tun haben. Die Mieter lernen hier, eigenverantwortlich zu handeln. Natürlich immer mit der Hilfe, die der Einzelne benötigt.

Wie ist das Verhältnis der jungen Leute untereinander?

Sehr vertraut. Sie kennen sich mit einer Ausnahme schon aus der Mosaikschule – eine Förderschule für geistige Entwicklung in Düsseldorf und sie verbindet dadurch eine gemeinsame Geschichte.

Wer hat die Wohngemeinschaft ins Leben gerufen?

Entstanden ist die WG aus einer Elterninitiative. Die Evangelische Stiftung Hephata hat den Prozess im Kontakt mit Behörden und der Wohnungsbaugesellschaft unterstützt. Von der Idee bis zum Einzug in dieses Quartier hat es rund sechs Jahre gedauert. Die Rheinwohnungsbau war und ist für uns dabei ein engagierter, offener Partner und fairer Vermieter. So hatten die Mieter beispielsweise Mitspracherecht bei der farblichen Gestaltung der einzelnen Wohnungen zum Erstbezug.

Wie sieht der typische Tagesablauf der Bewohner aus?

Es gibt hier kein festes Programm. Morgens werden die Bewohner – die wir übrigens als unsere Kunden bezeichnen – zu den unterschiedlichsten Zeiten abgeholt, einige sind auch sogenannte Selbstfahrer, und gehen tagsüber ihrer Arbeit in der WfaA (Werkstatt für angepasste Arbeit) nach. Ab 16.00 Uhr trudeln die Ersten wieder ein, kommen kurz zur Begrüßung ins Büro und gestalten den Rest des Tages nach ihren Wünschen oder Notwendigkeiten. Einkäufe müssen erledigt werden, andere gehen zum Zumba-Kurs oder zum Kegeln in die Freizeitstätte Garath. Wichtig ist uns, dass die WG und wir als Betreuer nicht als „eigene und ausschließliche Welt“ betrachtet werden, sondern  Kontakte nach außen aufgebaut und gepflegt werden. Zudem legen wir Wert darauf, als „Menschen der Gemeinde mit Kaufkraft“ wahrgenommen zu werden. So erledigen wir unsere Einkäufe überwiegend hier in Garath und gehen auch mal in „Moni´s Altstadt“-Kneipe.

Bewohnerin Sabrina leitet mit viel Engagement die wöchentliche Mieterversammlung.
Bewohnerin Sabrina leitet mit viel Engagement die wöchentliche Mieterversammlung.

 

Welche Pflichten haben die Bewohner?

Jeden Mittwoch ist Mieterversammlung. Hier wird besprochen, welche gemeinsamen Aktivitäten durchgeführt werden, wann gekocht wird, ob der Kehrwochenplan eingehalten wurde. Ganz alltägliche Dinge, die das Zusammenleben betreffen. In diesem Rahmen ist auch unser „buntes Jahresplakat“ entstanden (Foto dazu), das den Bewohnern Orientierung über das ganze Jahr gibt. Hier wird zum Beispiel auch unser Ausflug mit dem Zug ins Phantasialand eingetragen, der demnächst ansteht. Moderiert wird die Mieterversammlung übrigens von Sabrina, einer Bewohnerin mit Autismus Spektrum. Vor dem Hintergrund ihrer Behinderung ein sehr großer Entwicklungsschritt, für den ich sie sehr bewundere.

Wie ist das Verhältnis zu den Nachbarn?

Ich würde es als ganz normale Nachbarschaft und damit als gelungene Integration bezeichnen. Die Menschen hier sind freundlich und höflich, leben aber im respektvollen Abstand zueinander. Genau so begegnet man dieser Wohngemeinschaft.

Herr Hunz, vielen Dank an Sie und an alle Hausbewohner, die uns so offen empfangen haben.
Wir wünschen Ihnen alles Gute für die Zukunft.

Evangelische Stiftung Hephata Wohnen gGmbH · Lüderitz Strasse 41 · 40595 Düsseldorf
Telefon: +49 211-70089093
Mailto: markus.hunz@hephata-mg.de

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