Zeitzeuge

Ulrich Fezer ist Gründer und Leiter der Initiative „hallo nachbar!”. Der 75-jährige war über 30 Jahre in verantwortlicher Funktion in einem großen internationalen Unternehmen in Düsseldorf tätig und arbeitet seit seiner Pensionierung ehrenamtlich für unterschiedliche soziale Projekte.

Herr Fezer, wie entstand die Initiative „hallo nachbar!”?

Im Jahr 2012, während meines Einsatzes beim „gutenachtbus”, einer Hilfseinrichtung für Obdachlose in Düsseldorf, sprach ich mit Bruder Peter Amendt, dem Leiter von „vision:teilen”, über die Menschen, die einsam und meist auch bedürftig unbeachtet im Verborgenen leben. Wir fragten uns, wer sich eigentlich um sie kümmert. Wir überlegten, wie wir diese einsamen Menschen finden könnten und ob es möglich wäre, Ehrenamtliche zu gewinnen, die diese Menschen aus ihrer Einsamkeit herausholen und sie wieder an die Gesellschaft heranführen könnten. Ich muss gestehen, dass wir nur einen vagen Plan hatten und lediglich ausgestattet mit unserem guten Willen 2013 begonnen haben. Einige wenige Ehrenamtliche schlossen sich uns an und vor allem über eine Plakataktion in den Wagen der Rheinbahn wurden einige Menschen auf uns aufmerksam. Es waren Menschen, die sich uns als Ehrenamtliche anschließen wollten, und andere, die um einsame Menschen wussten und mit diesen und uns einen Kontakt herstellten. Inzwischen sind wir durch Berichte in der Presse, in Rundfunk und Fernsehen, vor allem aber durch Gespräche über uns recht bekannt in Düsseldorf und darüber hinaus.

Sie sprachen gerade von „vision:teilen” – was genau ist das?

Der gemeinnützige Verein „vision:teilen e. V.” ist eine franziskanische Initiative gegen Armut und Not, die von Bruder Peter Amendt geleitet wird. „hallo nachbar!” ist eines von vielen Projekten, die dieser Verein hauptsächlich in Düsseldorf, aber auch außerhalb unserer Stadt und international zum Wohle meist armer und kranker Menschen durchführt.

Wie helfen Sie den Menschen?

Wenn der Kontakt zwischen uns und einem einsamen Menschen hergestellt ist, findet ein erster Besuch durch unsere Sozialarbeiterin Susanne Schick statt. In einem Gespräch verschafft sich Susanne einen Eindruck von der Situation und prüft, ob und wie wir diesem Menschen, den wir „Nachbar” nennen, helfen können. Es ist wichtig, den Nachbarn schon bei diesem ersten Gespräch zu vermitteln, dass wir keine Betreuer und auch keine Ratgeber in juristischen, medizinischen oder anderen fachlichen Fragen sind. Wir wollen ausschließlich die Last der Einsamkeit lindern und den Nachbarn das Gefühl geben, dass sich Mitmenschen um sie kümmern. Susanne versucht, nach dem ersten Gespräch einen Ehrenamtlichen zu finden, der ihr für diese individuelle Situation am geeignetsten erscheint. Die Nachbarn sollen spüren, dass sich jemand für sie interessiert, dass sie nicht mehr verlassen sind. Wir erreichen dies durch Besuche und gemeinsames Kaffeetrinken, durch Spaziergänge und Begleitung zum Arzt oder durch kleine Hilfestellungen bei der Erledigung täglicher Arbeit. Wir versuchen aber auch, unsere Nachbarn an soziale Einrichtungen (Zentren Plus, kirchliche Gemeinden etc.) heranzuführen und ihr Interesse an gemeinschaftlichen Aktivitäten zu wecken.

Was sind die Nachbarn für Menschen oder anders formuliert: Wer braucht Hilfe?

Es sind meist alte und bedürftige Menschen, die beispielsweise ihre letzten Bezugspersonen verloren haben oder deren Angehörige weit entfernt wohnen, sodass der Kontakt abgebrochen ist. Häufig sind diese Menschen auch gehandicapt, sitzen zum Beispiel im Rollstuhl und leben aus diesem Grund zurückgezogen.

Wie umfangreich ist die ehrenamtliche Unterstützung, rein zeitlich gesehen?

Das ist sehr unterschiedlich und hängt zum Beispiel von der beruflichen Situation des Ehrenamtlichen ab. Wenn wir eine Vereinbarung treffen, gehen wir von einem Einsatz von 2 bis 3 Stunden in der Woche aus.

Bekommt der Nachbar einen festen Ansprechpartner?

Ja, in der Regel ist es ein Ansprechpartner/ Ehrenamtlicher, doch kann sich dies aus verschiedenen Gründen (Wegzug, Beendigung des Studium etc.) natürlich verändern. Im Falle des Einsatzes in einem Quartier der Rheinwohnungsbau ist unsere Vision, dass durch unser Engagement auch die anderen Mieter angeregt werden, sich um ihre Nachbarn zu kümmern, und so im Laufe der Zeit tatsächlich eine echte Nachbarschaft entsteht. [/pt_text][pt_text element_name=“Text“ extra_class=“firstline“] Weitere Informationen über die Initiative „hallo nachbar!” erhalten Sie im Internet unter: http://vision-teilen.org/news/read/article/hallo-nachbar-und-rheinwohnungsbau-gmbh.html

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