08. März 2022 – heute feiern wir den 111. Internationalen Frauentag/Weltfrauentag, einen Tag, an dem auf Gleichberechtigung und Frauenrechte aufmerksam gemacht werden soll. Er entstand als Initiative sozialistischer Organisationen in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg im Kampf um die Gleichberechtigung, das Wahlrecht für Frauen sowie die Emanzipation von Arbeiterinnen. Erstmals fand der Frauentag am 19. März 1911 statt. 1921 wurde sein Datum endgültig auf den 8. März gelegt.
Aber auch im Jahr 2022 hat der Weltfrauentag noch seine Berechtigung und soll auf die Gleichberechtigung von Frauen und Männern in Beruf und Familie, die Gehaltskluft sowie die Bekleidung von Führungspositionen aufmerksam machen. Gerade während der Pandemie sind Familien wieder in altbewährte Rollen zurückgefallen. Die Frauen haben sich vermehrt um die Kindererziehung gekümmert und ihre Arbeitszeit reduziert oder zunehmend am Abend und Wochenende verrichtet.
Auch wir haben den Weltfrauentag zum Anlass genommen, um uns in den eigenen Reihen einmal umzuschauen, und sind im Führungskreis fündig geworden. Valbona Möhren ist Teil des sechsköpfiges Führungsteams der Rheinwohnungsbau und arbeitet bereits seit fast zehn Jahren im Unternehmen. Ihre Karriere begann sie als Auszubildende zur Immobilienkauffrau und hat anschließend ihren Bachelor of Arts im Bereich Kommunikation und Medienmanagement gemacht. Seit Januar 2020 ist die Leiterin strategische Unternehmensentwicklung und Kommunikation Teil des Führungskreises und unterstützt diesen mit ihrem Wissen in den Bereichen Marketing, Personalentwicklung und Unternehmenskommunikation. Dass sie nicht „die Quotenfrau“ ist, wird im Gespräch mit Valbona Möhren schnell klar. Vielmehr besticht sie mit ihrem Wissen, ihrer sachlich-präzisen Art und ihrer Anschauung zu den Themen Gleichstellung, Frauenquote und Führungsmentalität.
Valbona Möhren: Herrlich normal! Ich bin mit Ehrfurcht in die Runde gestartet, da meine Kollegen alle bereits seit vielen Jahren als Führungskraft arbeiten und über beträchtliche Erfahrungswerte verfügen. Doch ich wurde mit Offenheit gegenüber meiner Person, aber auch gegenüber meinen aufgabenbezogenen Inhalten und Themen empfangen. Wir können uns mit unseren unterschiedlichen Stärken sehr gut ergänzen und auch voneinander lernen. Das macht es für mich aus – unabhängig vom Geschlecht und Alter im Sinne des Unternehmens zu agieren und einen wertschätzenden Umgang zu bewahren. Ich erlebe die RWB insgesamt als ein motivierendes Arbeitsumfeld und bin auch dankbar, insbesondere durch Herrn Hummelsbeck eine Förderung zu erhalten. Es ist nicht selbstverständlich, dass die Geschäftsleitung angestoßenen Ideen und Vorschlägen stets mit Unterstützung begegnet.
Valbona Möhren: Das lässt sich pauschal nicht sagen. Ich plädiere dafür, die Geschlechterdebatte von der stereotypischen Trennung hin zu gemeinschaftlichen, lösungsorientierten Ansätzen zu verschieben. Wenn wir uns die Rahmenbedingungen im historischen Kontext ansehen, dann hat sich einiges in der Arbeitswelt gewandelt. Zum einen sind hier die Punkte zu nennen, die dabei unterstützen, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen, wie beispielsweise Homeoffice oder variable und flexible Arbeitszeitmodelle. Hier darf – nach der coronabedingt erzeugten Geschwindigkeit – kein Rückwärtsgang eingelegt werden. Zum anderen geht es darum, Denksilos aufzubrechen, dazu wie Frauen in Führungspositionen eingestellt und bewertet werden. Es schwingt oft ein leichter Druck mit, dass Frauen per se mehr noch ihre Eignung im Vergleich zu Männern unter Beweis stellen müssen. Dieser Vergleich ist auch Resultat der Erwartungshaltung an vorzubringende Merkmale und Eigenschaften als Führungskraft. Waren noch einst Dominanz, Willensstärke und autoritäres Auftreten gefragt, stehen heute die emotionale Intelligenz sowie eine hohe Anpassungsfähigkeit im Vordergrund. Doch das eine schließt das andere nicht aus und ebenso können diese Merkmale auf Frauen wie auch auf Männer zutreffen. Ich finde es ebenso nicht richtig, Frauen einen Mangel an Biss nachzusagen, wie Männern das Fehlen von Einfühlungsvermögen.
Außerdem besteht in vielen Bereichen bedingt durch die derzeitigen Führungsstrukturen ein „männliches Netzwerk“ bei potenziellen Führungspositionen, welches durch Frauenförderungsprogrammen und Frauennetzwerke versucht wird, aufzulockern.
Förderlich wäre das Ablösen von Denkstrukturen und Verhaltensmustern, um die wahrgenommenen Hindernisse zu beseitigen. Doch das kann nur im gemeinsamen Diskurs und nicht innerhalb einer getrennten Geschlechterdebatte aufgelockert werden.
Valbona Möhren: Es stellt für mich eine existenzielle Note innerhalb der Frauenquote dar. Die Lebensformen und klassischen familiären Strukturen wandeln sich und die Berufswelt muss sich anpassen. Doch ich denke sowohl für Männer als auch für Frauen. Ich erlebe ganz oft in meinem Umkreis die Diskussion, dass auch Männer gerne die Elternzeit in Anspruch nehmen möchten und es organisatorisch auf der Arbeit nicht umsetzbar ist. Ebenso sollten Frauen mit Kindern im Beruf gefördert werden, mit allen Instrumenten, die die neue moderne Arbeitswelt bietet; sich beruflich einbringen zu können, ohne dass ein Work-Family-Konflikt entsteht oder eine Überbelastung durch Entgrenzung der Arbeitszeit.
Valbona Möhren: Oftmals hat die Frauenquote Anflüge eines Geschlechterkampfes und polarisiert deshalb auch. Es ist schade, dass es teilweise ein schlechtes Licht auf in Führungspositionen eingestellte Frauen wirft, nach dem Motto „dank der Quote“. Doch die Quote löst keine Voraussetzungen, die die entsprechende Stelle betreffen, ab. Was damit deutlich wird, ist, dass es eine von außen auferlegte Vorgabe darstellt. Um mehr Durchdringungskraft zu erhalten, würde ich mir eine zusätzliche intrinsische, systeminterne Motivation der Unternehmen hinsichtlich der Frauenförderung wünschen. Die externe Vorgabe ändert zunächst nicht die gelebte Unternehmenskultur und wenn diese nicht offen für Diversität ist, scheitert eine gut gemeinte Maßnahme dann leider in der Umsetzung. Die Unternehmenskultur ist der Schlüssel für Gleichberechtigung!
Valbona Möhren: Ich feiere den Weltfrauentag persönlich nicht, aber in der albanischen Tradition wird der Weltfrauentag gefeiert. So wuchs ich in meiner Ursprungsheimat schon mit einem selbstbewussten Frauenbild auf, und das sehe ich rückblickend als sehr positiv an.
Valbona Möhren: In erster Linie den Mut und das Durchhaltevermögen, an den Themen dranzubleiben, in denen man einen Mehrwert und einen Sinn sieht. Sich selbst treu bleiben, auch bei Gegenwind, und vor allen Dingen berufliche Sackgassen frühzeitig erkennen.